Krieg in Nahost –
Wenn globale Konflikte ins Klassenzimmer kommen
Praktische Unterstützung für Lehrer*innen
in Zeiten wie diesen, in denen Nachrichten über Kriege und Krisen allgegenwärtig sind, stellen sich auch Kinder und Jugendliche viele Fragen und die globalen Konflikte können zum Unterrichtsthema werden. Die Lage in Israel kindgerecht zu erklären und auf die Fragen und vielleicht auch Ängste Ihrer Schüler*innen ehrlich und einfühlsam zu reagieren, ist eine Herausforderung, bei der wir Sie unterstützen möchten.
Daher haben wir auf unserer Website gemeinsam mit unserem Mitherausgeber SOS-Kinderdorf hilfreiche Informationen und Tipps zusammengestellt:

Buchtipps
Bücher, die dabei helfen, die Themen Frieden, Krieg, Unterstützung mit den Schüler*innen zu bearbeiten

TOPICdigi
Armin Wolf erklärt TOPIC-Leser*innen altersgerecht die aktuelle Situation in Nahost
Kindgerechte Informationen
Als besonders klickbar für Kinder-und Jugendliche empfehlen wir logo! – die Kindernachrichten des ZDF: aktuelle Geschehnisse aus aller Welt verständlich erklärt. Mithilfe von Bildern, Infografiken und Erklärvideos altersgerecht aufbereitet für Ihre Schützlinge.
Von unserem Mitherausgeber SOS-Kinderdorf
Wie soll man mit Kindern und Jugendlichen über Geschehnisse wie Krieg oder Terroranschläge sprechen? Was sollen Kinder darüber erfahren? Die Expertinnen von Rat auf Draht haben Tipps, die sich primär an Eltern richten, aber gleichermaßen für Sie als Lehrperson hilfreich sein können.
Kontakt Rat auf Draht
Probleme? Sorgen? Ängste? Rat auf Draht kann Ihnen oder auch Ihren Schüler*innen helfen. Sie erreichen das Beratungsteam rund um die Uhr unter der Nummer 147 – ohne Vorwahl, kostenlos und anonym.
Alternativ erreichen Sie Rat auf Draht online unter www.rataufdraht.at
Für Schüler*innen im Chat von Montag bis Freitag von 18 bis 20 Uhr: www.rataufdraht.at/chat-beratung
Für Eltern und Bezugspersonen: elternseite.at/de/home
Interview mit Philipp Mittnik

Philipp Mittnik,
geboren 1975, ist Historiker mit den Schwerpunkten Geschichts- und Politikdidaktik sowie Professor für Geschichts- und Politikdidaktik und Leiter des Arbeitsbereichs Politische Dimensionen an der PH Wien.
Philipp Mittnik: Zu allererst ist es wichtig zu zeigen, warum es diesen Krieg in Israel gibt. Die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas hat mit tausenden Kämpfern über 1200 Zivilisten in Israel brutal ermordet. Diese Deutlichkeit ist deshalb wichtig, weil viele Jugendliche sich mit „Gaza“ solidarisieren, ohne genau zu wissen, was das eigentlich ist. Die Zivilbevölkerung in Gaza verdient natürlich, wie auch jene in Israel, volle Solidarität. Israel hat aber als jüdischer Staat eine Sonderstellung, da nach Jahrhunderten der Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden ist dies der einzige sichere Zufluchtsort auf der ganzen Welt. Die Hamas hat in ihrem Programm verankert, dass es ihr Ziel ist, alle Juden dieser Welt zu töten und die Auslöschung des Staates Israels. Eine vermeintliche Solidarität mit der Hamas ist in einem schulischen Umfeld jedoch nicht zu akzeptieren, da sie nicht nur die eigene Bevölkerung seit Jahrzehnten unterdrückt und schlecht behandelt, sondern auch nicht an einem Frieden interessiert ist. Der Staat Israel hat auch viele Fehler in der Vergangenheit gemacht, insbesondere der Neubau von jüdischen Siedlungen im Gebiet der Palästinenser (Westjordanland) ist zu verurteilen. Er kann jedoch nicht mit den Verbrechen der Hamas auf eine Stufe gestellt werden.
Eine kindgerechte Aufarbeitung eines so komplexen Konfliktes ist schwierig. In Deutschland gibt es die Bundeszentrale für Politische Bildung und dort wurde eine Seite eingerichtet, wo zusätzliche Informationen und Links zu finden sind:
hanisauland.de/wissen/lexikon/grosses-lexikon/n/nahostkonflikt.html
Weiterführende Informationen finden sich auch beim österreichischen Zentrum Polis.
PM: Krieg ruft bei Kindern (und Erwachsenen) immer Ängste hervor. Es werden Bilder, insbesondere über die sozialen Medien verbreitet, die beunruhigend sind. Tatsache ist aber auch, dass Krieg in vielen Teilen der Welt eine Realität ist. Umso wichtiger ist es mit Kindern über diese Konflikte zu sprechen, um auch zu versuchen, ihnen die Ängste zu nehmen. Da es auch in der Zukunft (leider) viele Kriege geben wird, sind Kindern und Jugendlichen die Faktoren klar zu machen, welche Gründe es gibt, warum ein Krieg ausbrechen kann. Noch wichtiger wäre darauf hinzuweisen, wie bewaffnete Konflikte vielleicht aber auch verhindert werden können. Frieden muss immer das Ziel in der internationalen Staatengemeinschaft sein, auch wenn dies nicht leicht zu erreichen ist. Besonders zu spüren bekommen Kinder Kriege dann, wenn diese Kriege als räumlich nahe empfunden werden, oder auch tatsächlich nahe sind. Zehntausende Menschen mussten aus der Ukraine fliehen, um nicht Opfer des Krieges zu werden. Diese Menschen besuchen bei uns in Österreich die Schule, arbeiten und kommen in Sportvereine. Israel gegenüber hat Österreich eine besondere Verantwortung, da unser Land beim Holocaust, dem Massenmord an Jüdinnen und Juden während der Zeit des Nationalsozialismus, eine große Beteiligung bei den Verbrechen hatte. Das Schutzversprechen von Deutschland und Österreich liegt daher in der historischen Verantwortung.
PM: Insbesondere für Kinder, die vielleicht selbst aus Kriegsgebieten flüchten mussten, oder aktuell Familie in der Ukraine oder in Israel haben sind diese Bilder besonders schlimm, da sie an ihre Vergangenheit erinnert werden. Aber auch für alle anderen Kinder ist Krieg immer auch eine Belastung. Das Wichtigste bei Konflikten ist, in der Klasse darüber zu sprechen. Lehrer*innen sollten Schüler*innen Informationen anbieten, damit diese den Krieg besser einordnen können. Der Umgang mit medialen Darstellungen zu Kriegen muss Thema in der Schule sein, vor allem auch deshalb um Fake News und Propaganda besser erkennen zu können. Die Politische Bildung kann dazu dienen Konflikte verständlicher zu machen. Ängste sind aber auch eine Form von Emotionalisierung, die dazu dienen kann, sich ernsthaft mit Themen auseinanderzusetzen.
PM: Konflikte unter jungen Menschen sind etwas Normales und sollten nicht verhindert werden. Wichtig ist es Konflikte so auszutragen, dass man trotz unterschiedlicher Positionierung eine Form von Respekt wahrt und das Gegenüber z. B. nicht beleidigt. Eine Konfliktkultur anhand von politischen Konflikten zu lernen muss eine der Hauptaufgaben der schulischen politischen Bildung sein. Argumente sollen präsentiert werden und einer Prüfung unterzogen werden, ob diese auch überprüfbar sind. Nicht jede Behauptung ist ein Argument. Diese Konflikte haben aber natürlich auch eine Grenze, nämlich dann, wenn demokratische Grundrechte eingeschränkt werden. Einer Bevölkerungsgruppe den Tod zu wünschen oder die Auslöschung eines Staates zu fordern, sind immer Positionen, die in einer demokratischen Schulkultur zurückgewiesen werden müssen. Das Verständnis für Mitgefühl auf allen Seiten kann in der Schule geschult werden. Das Verständnis für andere Perspektiven auf einen Konflikt sollte geübt werden und eine Sturheit, keine anderen Positionen anzuerkennen, sollte entgegengetreten werden.
Vielen Dank für das Interview!